Du überlegst, ob ein Sportwetten-Tipster-Service dir beim Wetten helfen kann? In diesem Artikel stellen wir Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Risiken gegenüber und beleuchten den Auswahlprozess sowie Expertenmeinungen. Weiterhin beantworten wir die Fragen, ob diese Investition rentabel ist und ob es Sinn macht selbst Tipster zu werden.
Schaue gerne ins Inhaltsverzeichnis und springe direkt zu den Stellen, die dich am meisten interessieren. Ich empfehle dir unbedingt den Abschnitt zu den Gefahren und Fallstricken gut durchzulesen 😉
Wie funktioniert ein Tipster-Service?
Anmeldung und Auswahl des Pakets bzw. der Tipster
Tipster-Services sind Unternehmen oder Einzelpersonen, die regelmäßig Wetttipps für ihre Abonnenten bereitstellen. Käufer dieser Services zahlen in der Regel eine wiederkehrende Gebühr, um Zugang zu den Tipps zu erhalten. Der erste Schritt zur Nutzung eines Tipster-Services ist die Anmeldung auf der entsprechenden Website bzw. App des Anbieters. Meistens gibt es verschiedene Pakete zur Auswahl, die sich je nach Umfang oder Anzahl der Tipps im Preis unterscheiden.
Erhalt der Sportwetten-Tipps
Auf der Plattform kannst du zwischen zahlreichen Tipstern (=Tippgebern) wählen, die eine oder mehrere Sportarten und Märkte abdecken. Sobald du ein Abonnement abschließt, erhältst du Tipps von dem oder der ausgewählten Tipster.
Der Umfang sowie die Art und Weise, wie die Tipps bereitgestellt werden, kann von Service zu Service variieren. In der Regel enthalten diese folgende Punkte:
- Prematch-Analyse: Prognose bzw. Beschreibung, warum der Tipster diese Wette empfiehlt (teilweise Angabe des errechneten expected Value)
- Genaue Wettauswahl (z.B. Heimteam Asian Handicap +0.75)
- Höchstquote des Marktes (zum Zeitpunkt der Tippabgabe)
- Mindestquote, unterhalb derer du nicht wetten solltest
- Empfehlung zur Einsatzhöhe (in Einheiten oder in Prozent vom gesamten frei zur Verfügung stehenden Wettkapital)
Die Tipps erhältst du rechtzeitig vor Spielbeginn per Nachricht auf dein Mobiltelefon und/oder per Email sowie über die Website bzw. App der Tipster-Plattform.
Die Häufigkeit der Wettempfehlungen ist abhängig vom jeweiligen Tipster und reicht von einer Handvoll Tipps pro Monat bis zu mehreren Tipps pro Tag. Logischerweise ist an den Wochenenden ein höherer Betrieb, da hier die meisten Sportevents stattfinden.
Platzieren der Wetten
Das Platzieren der Wetten liegt dann wiederum komplett in deiner eigenen Hand. Du entscheidest selbst, welche Wetten du mit welcher Einsatzhöhe abschließt. Hier ist also nichts automatisiert.
Wie bereits erläutert, enthalten die Tipps genaue Informationen darüber, welche Wetten dir empfohlen werden und zu welchen Quoten diese abgeschlossen werden sollten. Hier kommt es zu einigen Gefahren bzw. Eigenheiten, die sich stark zu Lasten deines Gewinns auswirken. Diese Faktoren (z.B. Quotenverfall) werden wir im Laufe dieses Artikels noch im Detail betrachten.
Auswertung der Wetten und Bewertung des Tipsters
Einige Tipster-Service-Plattformen bieten detaillierte Statistiken und Leistungsberichte, die dir helfen sollen, die Leistung des Tipsters im Laufe der Zeit zu beurteilen sowie den Gewinn anzuzeigen, den du mit den erhaltenen Tipps erzielt hast.
Achtung: zur Berechnung der Gewinnstatistik wird die Quote verwendet, welche zum Zeitpunkt der Tippabgabe vorlag. Um zu prüfen, ob du tatsächlich im Plus bist, musst du jedoch die Quoten verwenden, die du selbst beim Platzieren der Wetten erhalten hast. Und zwar die Nettoquote: also abzüglich der Wettsteuer, falls diese beim Bookie deiner Wahl zusätzlich anfällt. Weiterhin ist es wichtig, am Ende des Monats noch deine monatliche Gebühr für den Tipster-Service von deinem Gewinn abzuziehen.
Um eigenständig Buch über deine Wetten zu führen, kannst du dir hier mein kostenloses Excel-Sheet downloaden.
Um den Tipster selbst zu bewerten, empfiehlt es sich die abgegebene Quote mit der Closing Line zu vergleichen. So kannst du auf einfache Art und Weise erkennen, ob auf Dauer positiver Value zu erwarten ist oder ob die Erfolgsstatistiken eher auf einer Zufallsschwankung beruhen.
Vorteile von gekauften Tipps
Zeitersparnis
Das Verfolgen aller relevanter Statistiken und Leistungstrends von Teams ist sehr zeitaufwändig. Ein eigenes Modell zu erstellen ist komplex und das Testen sowie die ständige Pflege und Anpassung des Modells benötigt viel Hirnschmalz und Zeit.
Tipster-Plattformen versprechen, dass du durch die Nutzung ihrer Dienste auf umfassende und gut recherchierte Informationen zugreifen kannst, ohne Stunden mit der Analyse von Spielen verbringen zu müssen.
Größter Pluspunkt Tipster zu nutzen, ist mit Sicherheit die Zeitersparnis. Der gesamte Prozess, wie du zu deiner Wettauswahl kommst, wird an den externen Partner ausgelagert.
Expertenwissen
Tipster sollten ein tiefgreifendes Verständnis von Sport in Verbindung mit den Mechanismen der Wettmärkte haben. Sie sollten ihr Fachwissen und ihre Erfahrung für fundierte Analysen nutzen.
Wenn dem tatsächlich so ist, kann dieses Expertenwissen besonders für Anfänger wertvoll sein, um die Feinheiten des Wettens zu lernen. Aus der Art und Weise der von den Tipstern erstellen Spielanalyse sowie den Mustern, welcher Typ an Wetten bevorzugt und zu welchem Zeitpunkt die Wetten abgegeben werden, kannst du deine eigene Schlüsse ziehen und dich weiterentwickeln.
Diversifizierung
Wenn du selbst eigene Analysen oder ein eigenes Modell für Fußballwetten hast, könntest du über Tipster weitere Märkte "zukaufen" und beispielsweise Tennis- oder Basketball-Tipstern folgen. Auf diese Weise kannst du dein Wettportfolio mit Sportarten erweitern, die du selbst nicht abdeckst.
Nachteile und Gefahren der Plattformen
Survivorship Bias = aufgehübschte Statistiken
Bei der Survivorship Bias handelt sich um eine kognitive Verzerrung, bei der erfolgreiche Ergebnisse mehr Beachtung finden als weniger erfolgreiche. In Bezug auf Tipster-Services bedeutet dies, dass auf den Plattformen in der Regel die erfolgreichsten Tipster hervorgehoben werden, während die weniger erfolgreichen oder gescheiterten oft nicht mehr sichtbar sind.
Der Spruch "Dead men don't tell tales." fasst die Survivorship Bias in einem Satz gut zusammen. Wir hören und lesen nur die Erfolgsgeschichten, während die zahlreichen negativen Fälle nicht publik gemacht werden.

The Survivorship Bias; Quelle: https://jamesclear.com/common-mental-errors
Tag für Tag melden sich Tipster auf den Plattformen an und verschwinden genau so schnell wieder, wenn die Tippstatistik negativ ist. Sie löschen ihre Accounts und fangen von vorne an, in der Hoffnung auf bessere Ergebnisse. Dies führt dazu, dass ihre früheren Misserfolge aus den Datensätzen der Tipster-Anbieter verschwinden und die Gesamtleistung der Plattform in einem besseren Licht erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist. Es verbleiben nur die erfolgreichen Accounts.
Folgen für den Nutzer
Tipster-Services nutzen häufig Erfolgsstatistiken als Werbemittel, um neue Kunden anzuziehen. Sie stellen die beeindruckenden Leistungen ihrer erfolgreichsten Tipster in den Vordergrund, während die Leistungen der weniger erfolgreichen oder gescheiterten Tipster nicht dargestellt werden - zumindest nicht an prominenter Stelle.
Doch die Wahrheit ist, dass nur ein kleiner Bruchteil aller Tipster auf lange Sicht erfolgreich ist. Tatsächlich scheitern deutlich mehr Tipster, deren negative Statistiken nach Accountdeaktivierung jedoch nicht mehr in die Berechnung der Erfolgsrate eines Tipster-Services mit einfließen und diese somit verzerren.
Für Kunden und Interessenten hat dies zur Folge, dass diese die Gewinnchancen höher und das Risiko niedriger einschätzen, als es tatsächlich ist, da ihnen ein verzerrtes Bild der Realität präsentiert wird.
Es ist wichtig, die Survivorship Bias zu verstehen, da sie verdeutlicht, dass die Leistungsstatistiken nicht immer die gesamte Geschichte erzählen.
Quotenverfall
Wenn du schon Tipster-Services nutzt, fragst du dich vielleicht:
"Warum erhalte ich oft schlechtere Quoten als vom Tipster angegeben?"
Ein häufiges Problem ist, dass die von einem Tipster angegebenen Quoten oft besser sind als die Quoten, welche die Kunden tatsächlich erhalten. Ich taufe dieses Problem einfach mal "The Good Tipster's Dilemma".
The Good Tipster's Dilemma
Je besser der Tipster ist, desto mehr Follower hat er. Dies wiederum hat zur Folge, dass mehr Menschen Einsätze auf die von ihm empfohlenen Wetten setzen. Bei einem sehr beliebten und gut etablierten Tipster kann die bloße Veröffentlichung eines Tipps dazu führen, dass die Quoten sich schnell zu Ungunsten der Follower ändern. Je besser die Reputation des Tipsters, desto wahrscheinlicher, dass dieser negative Effekt eintritt. Wenn also zu viel Zeit zwischen der Veröffentlichung des Tipps und dem Zeitpunkt, an dem du die Wette platzierst, vergeht, erhältst du mit hoher Wahrscheinlichkeit eine deutlich schlechtere Quote als angegeben.
Timing und Marktliquidität
Ein weiterer Faktor, welcher das Ausmaß des Quotenverfalls beeinflusst, ist die vorhandene Marktliquidität.
Gibt der Tipster Empfehlungen für kleinere Wettmärkte (z.B. kleinere Fußballligen oder weniger populäre Sportarten) oder zu einem Zeitpunkt nahe der Opening Line bzw. während der frühen Preisfindungsphase der Wettanbieter, so ist die Marktliquidität geringer und der Effekt des Quotenverfalls wird stärker auftreten (der Buchmacher sichert sein Risiko ab, indem er die Quoten entsprechend austariert).
In größeren Ligen bzw. zu einem Zeitpunkt näher an der Closing Line ist die Liquidität allgemein höher und die Quote wird nicht so sensitiv auf Einsätze reagieren (zumindest nicht, wenn diese sich in einem verhältnismäßigen Rahmen bewegen).
Verfügbarkeit der Buchmacher
Zu prüfen ist zudem, ob die vom Tipster verwendeten Buchmacher in deinem Land überhaupt verfügbar sind.
Zusammengefasst ist der beschriebene Effekt des Quotenverfalls leider eine weitere "Beschönigung" der Statistiken. Denn diese basieren auf den zum Abgabezeitpunkt verfügbaren Quoten. Je nach Stärke der Einflussfaktoren können diese jedoch kurze Zeit nach Tippveröffentlichung bereits stark abgefallen sein.
Um zu bewerten, ob du mit den tatsächlich für dich verfügbaren Quoten Gewinne erzielst, solltest du daher separat Buch führen (z.B. mit diesem kostenlosen Template).
Kosten
Die Kosten für den Zugang zu einem Tipster-Service können je nach Anbieter und Umfang der angebotenen Dienstleistungen variieren. Unabhängig davon wie hoch der Betrag ist: es ist wichtig, die Kosten dem potenziellen Wert des Services gegenüberzustellen.
Um die Gebühren für einen Tipster-Service wieder reinzuholen und Gewinn zu erzielen, musst du eine bestimmte Rendite erzielen und eine bestimmte Menge an Kapital umsetzen. Hier ist ein einfaches Beispiel, um dies zu verdeutlichen.
Beispielberechnung - Kosten, Rendite, Kapitalumschlag
Für die Beispielberechnung verwenden wir folgende Annahmen:
- Monatsgebühr für den Tipster-Service: 50,-€
- Anzahl der Tipps/Wetten pro Monat: 30 Stück
- Einsatz pro Wette: 50,-€
Um die monatliche Gebühr von 50€ wieder reinzuholen, also allein um deine Kosten für den Service zu decken, musst du einen Gesamteinsatz von 1.500,-€ (30 Wetten x 50,-€) leisten und eine Rendite von 3,33% (50€ Gebühr geteilt durch 1.500€ Gesamteinsatz) erzielen.
Um darüber hinaus Gewinn zu machen, muss dein Tipster eine noch höhere Rendite erreichen. Wenn du beispielsweise zusätzlich zur Deckung der Gebühr einen Gewinn von 150€ pro Monat anstrebst, müsstest du eine monatliche Rendite von etwa 13,33% erzielen (200€ Gesamtausgaben geteilt durch 1.500€ Gesamteinsatz). Dies ist im Bereich von Sportwetten in der Regel nur über kurze Phasen realisierbar, auf längere Sicht dagegen sehr unwahrscheinlich.
Um ein besseres Gefühl zu bekommen, spiele am besten ein bisschen mit den Variablen (Einsatz pro Wette, Anzahl der Tipps, Gewinnziel) herum. Bitte beachte auch, dass evtl. weitere Kosten (z.B. Wettsteuer) anfallen können, die du berücksichtigen solltest.
Expertenmeinung
In seinem Buch "Monte Carlo or Bust" gibt der Sportwettenexperte Joseph Buchdahl, welcher auch zahlreiche lesenswerte Artikel auf Pinnacle.com veröffentlicht hat, seine Einschätzung zu Tipster-Plattformen ab.
Eine der Hauptkritiken, die Buchdahl gegenüber Tipster-Services äußert, ist die "Survivorship Bias", über die wir in diesem Blogbeitrag bereits gesprochen haben. Also die Tendenz, sich in der Werbung und Eigendarstellung dieser Dienste auf die erfolgreichsten Tipster zu konzentrieren und dabei die zahlreichen Misserfolge oder weniger erfolgreichen Fälle zu ignorieren.
Als einen Anbieter, der einen seriösen Ansatz verfolgt, nennt er Pyckio, welcher sich eine höhere Transparenz auf die Fahne geschrieben hat.
Insgesamt hebt Buchdahl hervor, dass, obwohl Tipster-Services potenziell nützlich sein können, sie mit erheblichen Risiken verbunden sind. Er betont die Wichtigkeit von kritischem Denken und gründlicher Recherche bei der Auswahl des Anbieters und mahnt davor, sich nicht von beeindruckenden Statistiken und übertriebenen Behauptungen blenden zu lassen.
Auswahl eines Tipsters
Die Auswahl ist sehr groß: Blogabet, welche sich selbst als "#1 Social Network for Betting Tips" bezeichnen, beherbergt über 8.000 aktive Tipster. Es ist daher nicht ganz einfach die passenden herauszufiltern. Wenn du dich also trotz der vielen angesprochenen Nachteile entscheiden solltest, einen dieser Services selbst zu testen, so solltest du unbedingt folgende Tipps bei der Auswahl deines bzw. deiner Tipster beachten:
- Zeitpunkt der Tippabgabe: Zunächst einmal solltest du Tipster wählen, die sich in der gleichen Zeitzone befinden, um keine Tipps zu verpassen während du schläfst 😉
- Prüfung des Closing Line Value: vergiss die angegebenen Statistiken zu Yield und Profit und führe deine eigene Analyse durch. Wenn verfügbar, schaue dir die Tipphistorie an und vergleiche die angegebenen Quoten des Tipsters mit der Closing Line (= Schlussquote / letzte verfügbare Quote vor Anpfiff) von Pinnacle. So kannst du einen durchschnittlichen CLV (Closing Line Value) für den Tipster errechnen (nutze dafür gerne folgende kostenlose Vorlage). Ein positiver Wert bedeutet, dass die empfohlenen Quoten besser sind als die Quoten zum Zeitpunkt des Spielbeginns. Das Schlagen des CLV ist ein Indiz dafür, dass ein Tipster auf lange Sicht profitabel sein kann.
- Beispielkalkulation: berechne, welche Konstellation eintreten muss, dass du Gewinn machst (s.o. Beispielberechnung zu Kosten, Rendite, Kapitalumschlag). Reicht die über die Schlussquoten errechnete theoretische Rendite aus, um deine Kosten zu decken bzw. Gewinn zu machen?
- Sicherheitsmarge: schließe testweise eine Subscription für einen einzelnen Monat ab (Achtung: Kündigungsfristen / Bedingungen des jeweiligen Service beachten). Teste, ob du nach Erhalt der Tipps die gleichen Quoten bei den Buchmachern erhältst, wie vom Tipster angegeben (Stichwort: Quotenverfall). Wenn nicht, berechne um wieviel Prozent diese gesunken sind und integriere eine Sicherheitsmarge in deine Kalkulation.
- Regression zur Mitte: Es ist wichtig, das Konzept der Regression zur Mitte bei der Auswahl eines Tipsters zu berücksichtigen. Lasse dich nicht von einer beeindruckenden Siegesserie blenden, sondern schaue dir die gesamte Leistung des Tipsters über einen längeren Zeitraum an. Ein guter Tipster ist nicht jemand, der in der Vergangenheit bzw. über einen bestimmten Zeitraum hohe Gewinne erzielt hat, sondern jemand, der eine nachvollziehbare und transparente Strategie mit positivem EV (expected Value) hat. Dies prüfst du am besten mit o.g. Methode des CLV.
Mit etwas Aufwand und Beachtung der o.g. Punkte kannst du deine Chancen, einen profitablen und vertrauenswürdigen Tipster zu finden, erhöhen. Eine Erfolgsgarantie kann dir jedoch keiner geben.
Du willst selbst Tipster werden und damit Geld verdienen?
Die Idee, selbst ein Tipster zu werden, mag für einige attraktiv sein. Schließlich könnte man davon profitieren, seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Vorhersage von Sportergebnissen zu nutzen und damit Geld verdienen. Doch ist es wirklich so einfach, und lohnt sich der Aufwand? Schauen wir uns diesen Prozess etwas genauer an.
Der Prozess, ein Tipster zu werden
Der erste Schritt, um Tipster zu werden, sollte daraus bestehen, so viel wie möglich über Sportwetten zu lernen. Die Mechanismen der Wettmärkte, Analysemethoden, Testen und Optimieren von Wettmodellen, die Psychologie des Wettens etc.
Wenn du bereit bist, Vorhersagen abzugeben, teste dies zunächst für dich selbst und protokolliere alle zugehörigen Daten (Quote, Einsatz, Buchmacher, Pinnacle Closing Line, etc.) sowie die Argumentation, wie du zu genau dieser Entscheidung für die jeweilige Wette gekommen bist bzw. notiere das entsprechende Modell, welches dir hierzu Value angezeigt hat.
Wenn du deine Statistik direkt bei einem der Tipster-Plattformen führen willst, kannst du auch gleich von Anfang an ein Konto eröffnen und deine Wetten dort eintragen.
Wenn du mit deinen Tipps Geld verdienen möchtest, benötigst du eine ausreichend hohe Anzahl an Followern, die sich irgendwann in zahlende Kunden konvertieren. Voraussetzung dafür ist zunächst eine ansprechende Erfolgshistorie. Der Aufbau einer sehenswerten Bilanz und eines guten Rufs nimmt einiges an Zeit in Anspruch.
Umsatzbeteiligung
Um in den Genuss von Umsatzbeteiligungen zu kommen, benötigst du je nach Plattform meistens eine gewisse Zertifizierung oder einen bestimmten Status. Die Höhe der Provision bzw. Beteiligung an den Zahlungen der Kunden variiert je nach Anbieter.
Bei Pyckio erhältst du als PRO Tipster beispielsweise 50% des generierten Umsatzes. Der Weg dorthin ist wie folgt:
Pyckio Rating System (Quelle: https://how.pyckio.com/en/)
Meine persönliche Erfahrung als Senior Tipster
Im Zeitraum 2013 - 2016 war ich Senior Tipster beim Anbieter Betadvisor.
Marketingaktionen
Der Vorteil von Plattformen wie dieser ist, dass, wenn du gute Statistiken vorweisen kannst, die Vermarktung deines Profils für dich übernommen wird. Wenn du richtig gut bist, rollen die Dienste ihre Marketingmaschinerie aus und posten dein Profil in Newslettern und sonstigen Werbeaktionen (siehe folgender Ausschnitt einer Marketing-Email von damals). Der Nachteil ist, dass du Teil des Systems wirst, neue Kunden mit Hilfe der "Survivorship Bias" anzulocken.
ACHTUNG: dies dient nur als Beispiel zur Veranschaulichung; der Rabattcode ist schon ein paar Jahre abgelaufen und die Tipster-Plattform existiert nicht mehr.
Nebeneinkommen
Das Potenzial, ein Einkommen aus dieser Tätigkeit zu generieren, ist vorhanden, aber es ist nicht garantiert und vor allem nicht konstant. Bei Sportwetten kann der Zufall, vor allem in kurzen Zeiträumen, eine große Rolle spielen. Soll heißen: auch wenn du eine Strategie mit positivem Erwartungswert hast und du auf lange Sicht im Plus bist, wirst du immer wieder Phasen haben, in denen du Verluste machst. Dass heisst, in einigen Monaten bist du über dem Erwartungswert, in anderen darunter - die Ausschläge nach oben und unten können zufallsbedingt sehr heftig ausfallen und deutlich von deinem Durchschnitt abweichen. Zudem soll nicht unerwähnt bleiben, dass du ein Gewerbe anmelden und deine Provisionen versteuern musst.
Psychologische Faktoren
Dich von den o.g. Schwankungen nicht verrückt zu machen, ist ein wichtiger Lernprozess auf dem Weg Sportwetten zu meistern. Das richtige Mindset ist ein entscheidender Faktor. Wenn du jetzt aber deine Wetten als Tipster veröffentlichst, wird dieser mentale Effekt noch extrem verstärkt. Denn du wettest jetzt nicht nur für dich selbst, sondern hast plötzlich Druck, ständig "gewinnende" Tipps liefern zu müssen. Du bist plötzlich nicht mehr für dich alleine, sondern für deine gesamte zahlende Kundschaft verantwortlich.
Wenn du Tipster werden willst, solltest du dir daher bewusst sein, dass dieser psychologische Druck auf dich zukommt. Die Gefahr ist, dass du dich davon so sehr beeinflussen lässt, dass du weniger durchdachte Entscheidungen triffst. Zum Beispiel auf viel mehr Spiele (ohne ausreichend Value) wettest, um vielleicht zu versuchen, deine Monatsstatistik zu retten. Du musst hier sehr diszipliniert sein und deiner Strategie vertrauen und gleichzeitig alles Äußere versuchen auszublenden.
Verlorene Wetten sind ein Teil des Wettprozesses - leider sehen es die Kunden manchmal eben etwas anders. Es kann also passieren, dass das Schüren der hohen Gewinnerwartung, durch das Werben mit einem kleinen Ausschnitt aus einer Tipsterhistorie, wie ein Bumerang zu dir zurückkommt, solltest du mal in einer schlechten Phase sein.
The Good Tipster's Dilemma
Irgendwann kommst du an den Punkt, den ich im Artikel als "The Good Tipster's Dilemma" bezeichnet habe. Deine Quoten - vor allem in kleinen Wettmärkten - werden relativ schnell nach unten gehen, je mehr Kunden du hast. Und wenn du selbst auf deine Tipps wettest, wovon auszugehen ist, ist dieser negative Effekt schon ab Tippveröffentlichung spürbar. Du kannst daher meiner Meinung nach keinen guten Dienst am Kunden liefern, da du ihm Quoten angibst, die dann kurze Zeit später nicht mehr in gleicher Höhe verfügbar sind.
Zeitlicher Aspekt
Der zeitliche Aspekt ist meiner Meinung nach in Ordnung, da du sowieso für dich selbst deine Analysen machst und die Tipps nur noch online eintragen musst. Je nach Anbieter musst du keine ausführliche Analyse posten, sondern wählst einfach die Wettauswahl, Quote und empfohlene Einsatzstückelung aus.
Allerdings lenkt es dich, wie ich finde, bei der Ausführung deiner eigenen Wetten ab, da du in der Regel zur gleichen Zeit die Empfehlungen auf der Plattform postest und deine eigenen Wetten platzierst (sonst bekommst du ja selbst nicht mehr die zu diesem Zeitpunkt besten Quoten).
Fazit
Wer den Aufwand, z.B. Prüfen des Closing Line Values, nicht scheut, kann seine Wahrscheinlichkeit erhöhen, einen Tipster mit positiver Gewinnerwartung zu finden. Als erste Adresse würde ich Pyckio ansteuern, eine Tipster-Plattform, die im Gegensatz zu manch anderem Dienst einen seriösen Eindruck hinterlässt.
Insgesamt überwiegen für mich jedoch die vielen Nachteile und Fallstricke (geschönte Statistiken durch den Effekt der Survivorship Bias, Quotenverfall, Kosten).
Selbst als Tipster zu agieren ist eine Möglichkeit sich ein Nebeneinkommen zu verdienen. Jeder sollte sich jedoch der psychologischen Aspekte (Druck den Kunden konstant Gewinnertipps zu liefern) bewusst sein und ebenso dem Effekt des Good Tipster's Dilemma, welcher das Erzeugen einer Win-Win-Situation zwischen Tipster und Kunde durch das rasche Absinken der Quoten verhindert und somit den Kundennutzen enorm minimiert bzw. komplett auslöscht.
Bilde dir deine eigene Meinung und teste selbst. Meine Empfehlung ist, Zeit und Geld lieber in die eigene Analyse und eigenen Wetten zu stecken als in Tipster-Dienste.
Quellen + Links
- Artikel "5 Common Mental Errors That Sway You From Making Good Decisions" (u.a. Survivorship Bias) von James Clear
- Von Joseph Buchdahl in seinem Buch "Monte Carlo or Bust" erwähnter Tipster-Service Pyckio
- Tipster Plattform Blogabet "Social Network for Betting Tips"